Sonntag, 27. Juli 2014

Villacher Citylauf

Die Pulsmesserin und ich werden am 25.7.2104 von Magenproblemen gequält. Den Urlaub hatte ich mir anders vorgestellt. Als ich die für den Abend geplante gesamtfamiliäre Teilnahme am Villacher Citylauf zur Disposition stelle, meutern aber die Kinder. Sie freuen sich schon auf die Veranstaltung. Immerhin locken Pokale und Preisgelder. Letztlich agiert Frau Pulsmesser als Coach und fährt die Kinder und mich zum Start.

Noch nie habe ich so ein fittes Starterfeld gesehen. Verwegen stelle ich mich in die fünfte Reihe beim 5800 m-Lauf und bin umringt von drahtigen, durchtrainierten Männern. Von den Kenianern, die sich ganz vorne aufstellen, ganz zu schweigen. Sie wollen sich offenbar die Prämien von 50 bis 250 Euro für die ersten drei Plätze sichern. Schon vor dem Startschuss ist mir klar, dass heute nicht mein Tag ist. Nicht nur die Unpässlichkeit des Vormittags, auch die extreme Schwüle und der abendliche Start um 19:30 Uhr stehen einer optimalen Leistung entgegen.

Auf der ersten der drei Runden bin ich etwa mit einer 3:40er Pace auf dem alles andere als flachen Kurs unterwegs und werde trotzdem gefühlt einmal durch das ganze Feld nach hinten durchgereicht. Wäre ich doch bloß nicht gestartet! Erst ziehen die drahtigen Athleten vorbei, dann die älteren Herren mit den Fülligeren. Was für eine Schmach! Dann müssen wir auch noch eine Treppe hoch. Da will ich mich über das folgende Kopfsteinpflaster hinauf zum Zielbogen auch nicht mehr beschweren.

Immerhin gelingt es mir am Ende der zweiten Runde, einige der schnellen Flüchter wieder einzuholen und hinter mir zu lassen. Dann belohnt der Anblick eines Regenbogens über der Drau vor der Kulisse der Karawanken für die abendliche Mühsal.

Und beim dritten Durchlaufen der Altstadt beginne ich zu überrunden. Wenigstens das. Dann will sich noch eine Frau an mir vorbeischieben. Das kann ich nicht mehr zulassen! Ich schaffe es, mich damit ein wenig zu motivieren und sie abzuschütteln. Danach überhole ich ein paar weitere schnelle Flüchter. Na, immerhin. Auf der Zielgeraden passiert es. Einer der Fülligeren geht wieder vorbei. Schmach, Schande! Aber ich habe einfach keine Lust, den Kopfsteinpflasterberg noch schneller hochzurennen. Doch dann ist der Zielbogen zu sehen. Endspurt! Es ist immer wieder ein überraschendes Erlebnis, wie der Körper unter mir plötzlich explodiert und nach vorn prescht. Nach vorn, vorbei am „Fülligen“ und ins Ziel! Unglaublich, was für körperliche Reserven noch zu mobilisieren gewesen wären, hätte mein Kopf sie abrufen können. Dennoch war die letzte Runde die schnellste. Unter den gegebenen Umständen darf ich mit einer Pace von 4:02 und einer Platzierung im ersten Drittel wahrscheinlich ganz zufrieden sein. So richtig glücklich ist mein Sohn, der mir im Ziel mit seinem im 1800 m-Lauf erworbenen Pokal zuwinkt.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Auf dem "Alpe Adria Trail"



Der Urlaub sollte auch ein Urlaub vom Laufen werden und der vollständigen Regeneration vom 100-km-Lauf dienen, bevor das Training für die Herbstsaison beginnt. Doch dann sehe ich dieses Schild: Der Berg als Trainingspartner.

Ich kann nicht länger an mich halten und begebe mich auf die Via Alpina. Ein Segment des „Alpe Adria Trails“ führt von Steindorf am Ossiacher See (550Hm) auf den Gipfel des Gerlitzen (1911 Hm). Die Dauer der Wanderung ist mit 4,5 h beschildert. Wie lange werde ich laufend dafür benötigen? Da ich erst um 14 Uhr nach dem Familienurlaubsprogramm starte, bin ich ein wenig unter Zeitdruck. Denn die letzte Talfahrt der Bergbahn steht für 16:45 Uhr im Fahrplan.

Schon nach 10 Minuten des steilen Anstiegs bin ich schweißnass. An einem kleinen Wasserfall hat jemand zwei Trinkbecher deponiert. Ich widerstehe dem Drang, meinen Durst mit dem Bergwasser zu löschen und befeuchte nur meinen Kopf zur Abkühlung. Wie weise diese Entscheidung ist, sehe ich ein paar Minuten später, als ich weiter oben eine Alm erreiche. Zunächst glaube ich, dass dort Schnee liegt. Dann erkenne ich, dass das Weiße Schaum ist. Er entsteht, da die Bäuerin gerade sprudelnd den Inhalt der Klärgrube in die Wiese entleert. Schnell weiter, raus aus diesem Gestank!

Blick von der Gülle-Alm
Mal geht es moderat ansteigend auf einem Fahrweg voran, mal extrem steil auf schmalem Pfad bergauf. Erstaunlich, wie weit hinauf die Besiedelung reicht. Ein altes Mütterchen auf einer weiteren Alm weist mir den Weg. Bis zum Gipfel wird dies die einzige menschliche Begegnung bleiben. Ansonsten treffe ich nur ein Eichhörnchen, ein Reh und Kühe.

In den höheren Lagen muss ein furchtbarer Sturm gewütet haben. Die Bäume sind umgestürzt und liegen kreuz und quer über dem Pfad. Beim Darüberklettern bleibe ich mit dem Knie an einem vorstehenden Ast hängen. Die Wunde sieht lächerlich aus. Leider steht der erste Schmerz in keinem Verhältnis dazu. Einen Schrei und einen Fluch später kann ich jedoch weiter. Durch die Kletterei komme ich nur noch langsam vorwärts. Im Geiste bereite ich mich schon darauf vor, auch den Talweg zu Fuß antreten zu müssen. Von Ferne grollt jetzt auch noch Donner, und leichter Regen setzt ein.

Dann ist der Lift schon zu sehen, es kann nicht mehr weit sein. Doch er steht! Als ich ihn erreiche, stehe ich vor einem Berghotel, in dessen beheiztem Pool eine lärmende Meute planscht. Der Lift verbindet das Hotel im Winter mit der Skipiste und hat zum Glück nichts mit meiner Seilbahn zu tun. Bald kann ich den Gipfel sehen und bin mir nun sicher, ihn innerhalb des Zeitlimits zu erreichen. Zeit, ein paar Fotos aufzunehmen.

Karawanken-Blick

Ossiacher See

Blick zu Gipfel
Um 16:03 Uhr stehe ich an der Seilbahn. Elf Kilometer und 1361 Hm liegen hinter mir. Gerademal für eine Pace von 11 min/km hat es in diesem steilen Gelände gereicht. Obwohl ich das nasse Hemd gegen ein trockenes tausche und die Regenjacke überziehe, wird mir ziemlich kalt, als ich mich in die Gondel zu einer asiatischen Touristin setze. Diese springt im letzten Moment von ihrem Sitz. Offenbar will sie nicht mit mir zu Tale fahren. Vielleicht liegt es an dem sportlichen Geruch, den ich verströme.

Heute ist es umgekehrt, denn die Pflicht kommt nach der Kür. Jetzt muss ich langweilig flach am Seeufer zurück zum Ausgangspunkt laufen. Eine gute Stunde Regenlauf trennt mich vom finalen Belohnungsweizen.

Mittwoch, 9. Juli 2014

100 km Thüringen Ultra - Mein erster Stern



"So kann ein 100-Kilometer-Lauf im bequemen persönlichen Tempo mit ausreichenden Pausen eine 'bekömmliche Strapaze' sein."
(Dr. med. Ernst van Aaken)


In Fröttstädt, dem Start- und Zielort des „Thüringen Ultra“ über 100 km und 2270 Hm, stehen mehr Zelte als Häuser! Das „Sportpark“ genannte Wiesengelände gleicht einem Campingplatz. Mit Vereinsheim, Imbissverkauf, überdachter Terrasse, Sanitärbereich, Sportplatz und Spielplatz bietet es alles, was Lauf- und Campingfreunde benötigen. Als ich am 4.7. gegen 20:30 Uhr dort eintreffe, finde ich zwischen den ganzen Wohnmobilen, Zelten und Pkws kaum noch einen Stellplatz für mein kleines Iglu-Zelt. Gut, dass einige gleich in den Kofferräumen ihrer Kombis schlafen. Das spart Fläche!

Die Anmeldeformalitäten sind schnell erledigt. Den Chip gibt es jedoch erst am nächsten Morgen. Stattdessen erhalte ich ein Faltblatt mit Informationen, die ich gern in der Ausschreibung gelesen hätte. So bleibt mein Gutschein für die Pasta-Party ungenutzt, da sie schon vorbei ist. Und auf die Möglichkeit, etwas in Drop-Bags deponieren zu lassen, bin ich auch nicht vorbereitet. Stattdessen führe ich meinen Laufrucksack mit, den ich angesichts der Temperaturen von 32 Grad mit Trinkblase und –flaschen aufmunitioniert habe.

Viel kühler wird es in der Nacht auch nicht. Ich wälze mich schwitzend von einer Seite auf die andere, ohne Schlaf zu finden. Gegen 23 Uhr kommt der Platz vorerst zur Ruhe. Doch während der nächsten Stunden reisen weitere Teilnehmer an. Immer wieder wird mein Zelt komplett durchleuchtet, wenn ein Fahrzeug seinen Lichtkegel über den Platz schwenkt. Danach klappen Türen, schwirren Stimmen. Da helfen auch die Ohrstöpsel wenig. Von mir aus könnten wir besser gleich loslaufen. Doch ich muss mich bis 4 Uhr gedulden. Dann startet der Ultra-Lauf, den Werner Sonntag als "anspruchsvoll" klassifiziert und für den "Berglauferfahrung vorhanden sein" sollte. Jeder, der das Ziel erreicht, erhält ein Finisher-Shirt. Die darauf gedruckte Anzahl von Sternen repräsentiert, wie oft man schon den Lauf vollendet hat. Ich will mir heute meinen ersten Stern verdienen.

Im Morgengrauen werden wir auf die bestens markierte Strecke geschickt. Der ausrichtende Verein trägt den Namen „Lauffeuer“ und hat passenderweise die ersten Streckenmeter mit brennenden Holzstämmen beleuchtet. Das Eintauchen in deren Wärmestrahlung gibt einen Vorgeschmack auf die Tagestemperaturen, die heute auf 25 Grad steigen werden. Bis Kilometer Zehn weisen rote Blinklichter den Weg, über dessen flachen Verlauf ich erstaunt bin. „Ist ja ganz einfach hier im Vergleich zum Rennsteig“, denke ich, ohne zu berücksichtigen, dass wir zunächst zu den Höhen des Thüringer Waldes hinlaufen müssen. Das wird mir erst bewusst, als ich den Inselsberg am Horizont aufragen sehe.

Inselsberg im Morgengrauen
Ich unterhalte mich mit einem Griechen, der einen Familienbesuch in Deutschland mit einem Lauf verbindet. Eigentlich redet sein Smartphone am meisten, denn Runtastatic vermeldet bei jedem Kilometer lautstark die Pace. Wir sind mit ca. 6 min/km unterwegs und bremsen uns ein wenig, obwohl hier im Flachen schneller gelaufen werden darf, um die spätere Geherei am Berg zu kompensieren. Mir schwebt eine Durchschnitts-Pace von gut 7 min/km vor, mit der ich etwa 12 h benötigen würde. Ein ganz heimliches Idealziel sind die 11:40 h, die bei einer exakten 7er Pace auf der Uhr stünden. Doch ich halte es mit Werner Sonntag, der gemahnt, auf der langen Strecke demütig zu sein, und besser keine allzu ambitionierten Zeitziele zu definieren. Das scheint angesichts der sommerlichen Witterung heute umso mehr angeraten.

Dann komme ich mit zwei Vertretern der schreibenden Zunft ins Gespräch, das bis Kilometer Sechs bereits ein Themenspektrum von der Besiedelung Amerikas bis zu Florian Silbereisen abdeckt. Was da wohl auf den kommenden 94 Kilometern noch diskutiert werden wird! Wir stellen uns scherzhaft die Aufgabe, bis zum Ziel eine Abhandlung auszuarbeiten, die unsere Laufliebe im Sinne Spinozas erklärt. Der Philosoph hatte definiert: "Liebe ist Freude, begleitet von der Idee der äußeren Ursache".  So viel Spaß hatte ich beim Laufen schon lange nicht mehr. Nachdem ich die beiden am ersten Verpflegungspunkt zurückgelassen habe, denke ich noch mehrfach, wie sich wohl mein heutiger Lauf gestaltet hätte, wäre ich bei den beiden Schöngeistern geblieben. Ob sie die gute Laune und das flüssige Gespräch bis ins Ziel aufrecht halten können?

Mir kommt die gute Laune in den Zwanzigern abhanden, als sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt Schmerzen in den Beinen einstellen. Geplant hatte ich das erst ab Kilometer 50. Bis dahin wollte ich locker dahintraben, anschließend die 66 vollenden, um mich dann durchs letzte Drittel zu beißen. Nun kommt es anders. Schon in der letzten - lauffreien - Woche hatten mich Krämpfe und Beinschmerzen geplagt, die ich mir nicht erklären konnte. Die Ursache ist nun auch egal. Jetzt muss ich damit umgehen. Und obwohl mein Tempo passt, muss ich konstatieren, dass heute nicht mein Tag ist. Es fällt mir zu früh zu schwer.

Irgendwann zieht ein älterer Läufer in einem Affenzahn an mir vorbei, so dass ich ihn zunächst für einen Staffelläufer halte. Später treffe ich ihn gehend an. Nach einem Blick zur Uhr rufe ich ihm zu: "Gleich haben wir die Hälfte!" Er läuft weiter: "Jetzt hast du mir wieder Mut gemacht!" Auch für mich ist die 50-km-Marke wichtig für den Kopf. Umso größer ist die Enttäuschung, als das Schild am nächsten Verpflegungspunkt (sonst gibt es keine km-Markierungen) erst 49 km ausweist, obwohl meine Uhr schon bei 52 km steht. Da mein "Forerunner 305", der im Vorjahr noch acht Stunden durchhielt, mittlerweile nur noch vier Stunden schafft, habe ich mir die Aldi-GPS-Uhr meines Sohnes geborgt. Mit deren Meßgenauigkeit ist es wohl nicht so weit her. Dafür hält der Akku 16 Stunden. Ganz ausreizen möchte ich diese Fähigkeit heute aber nicht!

An den Verpflegungsstellen halte ich mich nicht lange auf, greife etwas Nahrung und nehme sie im Weitergehen zu mir. Meist trinke ich Wasser und Iso, später auch Cola und alkoholfreies Bier. Anfangs spreche ich den Käsebroten stark zu, kombiniert mit Banane in Salz oder Äpfeln. Später bekomme ich kaum noch etwas runter und versuche dann die Fruchtriegel. Ich habe jede Menge Gels bei mir. Doch kann ich mich schon nach dem zweiten nicht mehr motivieren, weitere runterzuekeln.

Der Läufer im Roggen
Und dann passiert es: Magenkrämpfe! Das Stechen im Bauch wird immer schlimmer, so dass ich kaum noch gehen kann. Was tun? Plötzlich fällt mir ein, dass ich eine ganze Zeit unterschwelligen Harndrang verspürt hatte. So genau ist das mittlerweile in dem Schmerzgemisch meines Körper nicht mehr auszumachen. Am Baum bin ich erstaunt, wie ergiebig dessen Bewässerung ausfällt. Und siehe da, die Entspannung lässt auch die Magenschmerzen verschwinden!

Beim morgendlichen Anziehen war ein Gummi der Gamaschen gerissen, so dass ich die Gaitors entnervt von den Beinen riss. Zweimal muss ich mich daher unterwegs setzen, um Steine aus den Schuhen zu schütten. Sonst mache ich keine Pausen. Gehpausen erlaube ich mir nur an den Verpflegungsstellen und am Berg, wobei die Definition von "Berg" über die Zeit immer mehr aufgeweicht wird. Beim Gehen stellen sich ungeahnte Motivatoren ein. Bremsen und Fliegen fangen an, mich zu piesacken, so dass ich jedesmal froh bin, wieder loslaufen zu können.


In den 70er Kilometern fragt mich eine Wandererin, wieviel Kilometer ich denn laufen würde. Die Antwort entlockt ihr: "Da braucht man aber viel Enthusiasmus!" "Bei mir lässt der gerade ganz schön zu wünschen übrig.", muss ich ihr entgegnen. Entsprechend gezeichnet scheine ich wohl auch auszusehen. Denn der nächste Passant glaubt, mir mit den Worten: "Halte durch! Du schaffst es bis ins Ziel!" Mut zusprechen zu müssen. Dabei habe ich nie Zweifel, das Ziel zu erreichen, strahle aber offenbar nicht gerade allzuviel Optimismus aus.

Einen mentalen Rückschlag erfahre ich am nächsten Verpflegungspunkt. Mein Uhr steht bei 83 km, doch dort hängt ein Transparent mit der Aufschrift: "Nur noch ein Halbmarathon!". Neuneinhalb Stunden bin ich jetzt auf den Beinen. Und immer noch ein Halber! Wie lange wird das noch dauern? Zweieinhalb Stunden? Drei? Ich weiß es nicht. Ich habe es satt. Ich will ankommen!

Pralle Sonne und 25 Grad auf den letzten Kilometern
Zum ersten und einzigen Mal falle ich auf flacher Strecke ins Gehen. Von hinten nahen schnelle Schritte. Und ein Ruf ertönt: "Komm weiter!" Ich denke: "Der Staffeläufer hat gut Reden." Da geht der Schnelle längsseits und stellt sich als Ultra heraus. "Komm weiter. Das ist alles nur in deinem Kopf. Dir tut gar nichts weh!", redet er mir gut zu. Ich ziere mich nicht länger und laufe mit. Und auf den letzten Kilometern werden Andreas, so stellt er sich vor, und ich zum Dream-Team. Wir lenken uns mit Geschichten aus dem Läuferleben ab oder benutzen einander als Klagemauer. "Du kannst ruhig schreiben: 'Der Typ hat die ganze Zeit nur gejammert!'" Doch Andreas hat für jeden anderen Läufer und jeden Helfer ein frohes Wort, wie auch immer es in seinem Inneren aussehen mag.

Fast stolpern wir über einen Läufer, der sich am Wegesrand selbst in stabiler Seitenlage abgelegt hat. Andreas versorgt ihn mit Gel und Getränk bis ein Helfer angeradelt kommt. Dann ziehen wir weiter. Dem Ziel entgegen. Doch erst erwartet uns der legendäre Kilometer 95, der mit seinen Thüringer Cheerleaders schon einmal Zielatmosphäre aufkommen lässt.

VP bei km 95
Jetzt beginnt eine permanente Rechnerei. Schaffen wir es noch unter 12 Stunden? Das Ergebnis hängt stark davon ab, ob wir die Rest-Kilometer nach meiner Uhr, nach den Markierungen der Verpflegungsstellen oder nach dem nur 99 km langen Track von Andreas' Garmin berechnen. Zumindest zeigt der Garmin eine aktuelle Pace unter 7 Minuten an. Das passt immerhin.

Ultralaufen ist ein Seniorensport. Besonders deutlich wird das heute in der Frauenwertung. Dort läuft die jüngste Teilnehmerin in der W40. Und heute hat sich mehrfach gezeigt, dass Werner Sonntag mit seiner Aussage: "Die Frau ist ein Dauerleister" nicht ganz so falsch liegen kann. Mehrfach zogen Damen flott an mir vorüber. Und nun ist es schon wieder so weit. Das nimmt Andreas zum Anlass, mich voraus zu schicken: "Ich bin fertig, aber du kannst noch. Häng dich dran!" Ich gehorche artig und überhole die Dame sogar. Ein paar Minuten später stoße ich auf eine weitere flotte Frau, die jetzt auf den letzten Kilometern gehen muss. Ein Läufer dreht sich strahlend zu mir um und meint anerkennend: "Das hätte ich jetzt nicht mehr drauf!" Den letzten Verpflegungspunkt einen Kilometer vorm Ziel ignoriere ich. Bald darauf ist der Moderator schon zu hören. Ein Vorzielbogen, ein paar Zuschauer applaudieren, und dann bin ich da. Im Ziel! 100 km gefinisht! Unter 12 Stunden!

Der erste Stern ist verdient!