Samstag, 12. März 2016

Trans Gran Canaria



Ich schlottere am ganzen Körper. Vor über einer Stunde hat uns der Bus in Fontanales im Startbereich abgesetzt. Jetzt, kurz vor Sieben, beginnt das Morgenlicht durchzubrechen. Der Startschuss steht unmittelbar bevor. Vier Monate habe ich auf diesen Moment hintrainiert. Bin wieder und wieder die steilste Flanke meines Reviers mit ihren lächerlichen 70 Höhenmetern rauf und runter gerannt - und trotzdem in einer ganzen Woche nicht auf die 4500 Hm gekommen, die mir heute am Stück bevorstehen. Sie verteilen sich auf die 83 km, die der Trail durch die Berge Gran Canarias und über die höchste Erhebung der Insel bis zu den Sanddünen am Strand von Maspalomas führt.

Leichtes Tröpfeln, sanfter Wind, laufoptimale 13 Grad. Mein plötzliches Zittern hat nichts mit dem Wetter zu tun. Es ist die Anspannung, die sich Bahn bricht. Das Rennpferd in der Startbox. Es wird erlöst. Schon nach 50 Metern geht es bergauf. Kurz darauf die ersten Single-Trails. Das hat erstmal Stau zur Folge. Kein Problem, das hilft mir, es ruhig angehen zu lassen.

Sturz


Bei aller Gelassenheit, es sind noch keine drei Kilometer gelaufen, da finde ich mich hingestreckt im Lehm wieder. Jemand hat versucht, Stufen in den feuchten Hang zu schlagen. Mir haben sie nichts genützt. Trotz Stockeinsatzes falle ich auf den Rücken. Zum Glück bewahren mich Rucksack, Handschuhe und Ärmlinge vor Verletzungen, nicht aber vor einer deftigen Schlammkruste, die mich fortan als Trottel markiert. Hinter so einem Unfähigen mag offenbar niemand herlaufen. Es drängt von hinten an mir vorbei, obwohl sich kaum Gelegenheiten zum Überholen bieten. Zum einen laufe ich nicht langsamer als mein Vordermann. Zum anderen besteht der Kurs aus gefühlten 80 Prozent Singletrail.

Wie habe ich dieser Insel Unrecht getan! Hatte ich bei der Fahrt vom Flughafen zum Hotel noch gedacht: „Wieder so ein staubiger Steinhaufen im Meer!“, so entpuppt sich die Insel jetzt als ein feuchtes, grünes Eiland mit saftigen Blumenwiesen und nebelverhangenen Bergen. Weit kann man bei den tiefhängenden Wolken, aus denen Nieselregen sprüht, nicht sehen. Man achtet auch besser auf den Weg. So er denn unter dem üppigen Bewuchs zu sehen ist. Belustigt beobachte ich den Einheimischen vor mir, wie er auf Zehenspitzen die wenigen Pfützen zu umtänzeln trachtet. Der hat offenbar kein Training im deutschen Schlamm hinter sich.

 

Das Rennen beginnt erst in Teror


Am Vortag hatte ich gelesen: „Das Rennen beginnt erst in Teror.“ Nur schwer kann man ob des Ortsnamens aufs Kalauern verzichten, denn ab dort geht es bis zum höchsten Punkt nur noch steil bergauf. Frohgemut konstatiere ich, dass mir das nichts ausmacht. Ich genieße einfach nur diesen herrlichen Lauf, die Landschaft und die handverlesene Streckenführung. Nach ein paar Stunden steht mitten in der Wiese ein weißer Pavillon. Während ich durchlaufe, wird meine Startnummer gescannt und dann geschieht ein Wunder. Es ist, als ob ich ein Tor zu einer anderen Welt durchschritten habe. Offenbar markiert der soeben überquerte Bergrücken eine Wetterscheide. Nebel und Regen hören hier urplötzlich auf, und vor mir öffnet sich eine sonnenbestrahlte Bergwelt. Ob der Felsformationen und der rötlichen Färbung der Felsen komme ich mir wie im Gran Canyon vor. Bis ich mitkriege, dass die leichte Rottönung offenbar von der automatisch abdunkelnden Sonnenbrille herrührt, die ich auf der Messe am Vortag erfeilscht hatte. So viel zum Thema, im Wettkampf nur im Training erprobte Ausrüstung zu benutzen.


Ausrüstung


Apropos, Ausrüstung. In der Sonne wird es jetzt so warm, dass ich die Ärmlinge runterkremple und die Handschuhe ausziehe. Eigentlich hatte ich letzte nur angezogen, um meine Hände vor Blasen durch das ungewohnte Stockbenutzen zu schützen, war aber bis hierher über deren wärmende Funktion ganz dankbar. Das ist mein erster Wettkampf, bei dem ich Stöcke dabei habe. Und ich lerne, dass man zum Schutze der Mitläufer die Spitzen nach vorne zeigen lässt, wenn man die Gehhilfen gerade nicht einsetzt. Zunächst hatte ich erwogen, auf kleinstes Maß faltbare Karbonstöcke zu erwerben, war aber vor dem Preis zurückgeschreckt. Stattdessen habe ich meine alten Aldi-Wanderstöcke dabei, die zwar pro Stück 275 Gramm wiegen, aber einen riesigen Vorteil aufweisen. Sie haben einen Doppelgriff. Damit kann ich sie beim Bergaufgehen am unteren Griff packen und beim Bergablaufen den oberen Griff benutzen, ohne dass eine Höhenverstellung vorgenommen werden muss. Zusätzlich habe ich sie nach einem Probetraining noch etwas gepimpt. Die tiefen Rillen am unteren Griff, die nach einer Stunde des Probetragens trotz Handschuhen bereits Hautreizungen hervorgerufen hatten, habe ich mit Panzertape umwickelt. Und das kalte Metall in Stockmitte, wo die Stöcke bei Nichtbenutzung gefasst werden, habe ich ebenfalls mit dem Tape isoliert. Außerdem entfernte ich die Handschlaufen, die bei Nichtbenutzung bei jedem Armschwung wild hin und her schlackerten. Das bewährt sich. Als Stockbenutzer gehöre ich hier übrigens zu einer Minderheit. Weniger als die Hälfte der Teilnehmer um mich herum haben Stöcke dabei. Und wenn, dann tragen sie sie meist unbenutzt in einer Hand oder gleich am Rucksack. Mir kommen sie ganz nützlich vor, obwohl ich sie die meiste Zeit auch nur trage. 

Die gepimpten Stöcke

Runner's High taugt, Ultratrac dagegen nicht


Ich "wache auf" und brauche einige Zeit um rauszufinden, wo ich bin und was ich gerade tue. Mein lieber Mann, da muss ich wohl gerade eine ganze Weile im Runner's High unterwegs gewesen sein! Dieser Lauf hat ja echt einiges zu bieten. Noch 45 km sind es jetzt bis ins Ziel, wenn man den aller fünf Kilometern aufgestellten Schildern trauen darf. Sie erscheinen verlässlicher als die Fenix 3 an meinem Handgelenk. Ich betreibe sie heute nämlich erstmalig sicherheitshalber im akkuschonenden Ultratrac-Modus, da ich keine zuverlässige Prognose über meine Zielzeit wage. Noch nie habe ich mich so vielen Höhenmetern gestellt. Meine ganze alpine Erfahrung stammt aus einem einzigen Lauf auf Korsika der satte 2100 Höhenmeter auf nur 19 Kilometern zu bieten hatte. Der Ultratrac-Modus erweist sich als völlig unbrauchbar. Nach der Uhr habe ich schon 60 km hinter mir. Das einzige, was noch zuverlässig angezeigt wird, ist die gelaufene Zeit. (Anmerkung: Die Fenix wird am Ende 96 km und 3500 Hm für diesen Lauf ermitteln.) 


Blick zum Teide


Ich kraxele einen Felsen hinauf und brauche eine Ewigkeit, bevor ich die junge Frau über mir am Berg eingeholt habe. Nach einer der vielen Bachquerungen (die man alle trockenen Fußes bewältigen kann) habe ich es geschafft. Sie kommt aus Neuseeland und wollte eigentlich den Marathon laufen. Da der ausverkauft war, habe sie sich eben für die 83 km entschieden, obwohl sie nur sechs Wochen trainiert habe. Welche Zeit ich denn laufen wolle. Nun ja, angemeldet hatte ich mich für die Kategorie "unter 17 Stunden". Eine Statistik zeigte, dass im Vorjahr die meisten nach 14 Stunden gefinisht haben. Das würde ich auch ganz gerne. Mein absolutes Idealziel sind 12 Stunden. Obwohl ich momentan auf Kurs Idealziel liege, halte ich eine Zielzeitprognose im Moment noch für völlig verfrüht. Zu viel kann noch passieren. Kaum ist das ausgesprochen, passiert auch schon was. Wir biegen um eine Ecke und ich kann ein "Boah!" nicht zurückhalten. Vor uns ragt der schneebedeckte Teide aus dem Meer!
(Anmerkung: Die Neuseeländerin wird das Ziel nicht erreichen.)

Blick zum schneebedeckten Teide

Roque Nublo


Das Gelände wird immer spektakulärer. Wir nähern uns Roque Nublo, dem Wahrzeichen Gran Canarias. Ich bin so von dem Fels und der Aussicht bis Teneriffa angezogen, dass ich am Checkpoint weiter Richtung Felsen laufe. Erst das Geschrei hinter mir lässt mich erkennen, dass das ein Wendepunkt ist! Also zurück. Aber hatte da eben wirklich "noch 50 km bis zum Ziel" auf dem Schild am Wendepunkt gestanden? Das kann doch gar nicht sein, wenn wir schon am "noch 45 km"-Schild vorbei sind? Andererseits scheint die Entfernungsangabe zum Höhenprofil, das einlaminiert an meinem Startnummernband baumelt, zu passen. Langsam wird mir klar, dass das "Genieße, wenn du kannst" nun langsam seinem Ende entgegen geht, und Goethes zweiter Ratschlag wohl demnächst zu befolgen sein wird: "Leide, wenn du musst."

Roque Nublo


Halbzeit?


Entsprechend froh bin ich, als endlich Garañón beim Kilometer 39 erreicht ist. Das ist aber auch ein kleines Paradies! Inmitten eines lichten Wäldchens befindet sich hier auf einem Hochplateau ein Campingplatz mit locker zwischen den Bäumen verteilten Hütten und Zelten. Hier würde ich es ein paar Tage aushalten, muss aber nach kurzer Rast - sechs Stunden und sieben Minuten sind vergangen - weiter. Immerhin gibt es am hiesigen VP zusätzlich zu dem Standard-Angebot der anderen "Aid-Stations", das aus Wasser, Iso, Orangenvierteln, Bananenstücken, gesalzenen Erdnüssen, Käsewürfeln, sehr trockenem Brot und gezuckerten Gummitieren besteht, auch Suppe, Kaffee und Nudeln. Letzte muss der Vegetarier allerdings ohne Soße runterwürgen. Außerdem wird hier der Drop-Bag ausgehändigt. In meinem befindet sich nur Nahrung. Da ich eigentlich jede halbe Stunde etwas essen wollte, hätten meine mitgenommenen Vorräte hier vertilgt sein sollen. Wie üblich habe ich die Ernährungs-Disziplin nicht ganz aufgebracht, aber immerhin etwa jede Stunde etwas zu mir genommen. Trotzdem stopfe ich schnell alles in meinen Rucksack, fülle die Trinkblase mit Wasser und die Softflask mit Iso, in das ich zusätzlich noch ein Gel reinquetsche. Viele Mitstreiter sind wesentlich minimalistischer unterwegs und haben nur eine 500-ml-Softflask dabei, die sie an jedem VP befüllen. Die Pflichtausrüstung (Becher, 1,5-Liter-Flüssigkeitsbehälter usw.) scheint nicht kontrolliert zu werden.

Mein faltbarer Trinkbecher
Nun geht es sehr steil bergauf zum höchsten Punkt der Insel mit seinen 1949 Metern. Dessen letzte zehn Höhenmeter bleiben allerdings der militärischen Nutzung vorbehalten. Oben bin ich zwar der einzige, der wieder in den Laufschritt fällt, doch mein Waterloo wird kommen. Ab jetzt geht es nämlich fast nur noch bergab. Und ein Vorbote des kommenden Unheils erscheint. Hinter mir ertönen schon Schreckensschreie. Und ich selbst mache mich bereits auf das Knirrschen gefasst, mit dem mein Kinn gleich in den Boden schlagen wird. Es ist pures Glück, dass ich im allerletzten Moment mein Gleichgewicht wieder erlange. Ab jetzt muss ich dringend langsamer (kein Problem, haha) und aufmerksamer laufen. Nochmal werde ich nicht so ein Schwein haben. Man kann sich hier Zähne ausschlagen oder Beine brechen. Der Weg ist allerdings nirgends so ausgesetzt, dass man zu Tode stürzen könnte.



Es wird technisch


Bald sind die Oberschenkel nur noch Schmerz. Stockeinsatz bringt zwar Entlastung, hindert aber auch an flüssigem Vorankommen. Ich stelle fest, dass mich jetzt sogar 125-km-Läufer überholen. Mit einem laufe ich lange Zeit in einem Bereich. Mal liegt er vorne, mal ich. Letztlich fällt er zurück und wird auf den verbleibenden Kilometern bis ins Ziel fünf Stunden auf mich verlieren. Das sagt vermutlich nicht nur einiges über die 125-km-Strecke, sondern auch etwas über diese letzte Zu-Tal-Etappe aus. Ich hatte erwartet, dass für mich die größte Schwierigkeit des Laufes in den Höhenmetern liegen würde. Es stellt sich jedoch heraus, dass der anspruchsvolle Untergrund, also das, was "technischer Trail" genannt wird, für mich die härteste Prüfung wird.

Dann wechselt auch schon die Bodenbeschaffenheit! Dominierten bisher Lehm und Fels, so gibt es ab jetzt nur noch Steine. Eine Art Eselkarrenpfad windet sich so weit das Auge reicht eine Schlucht hinunter. Man könnte von alpinem "Kopfsteinpflaster" sprechen. Was für ein hölzernes Rad der ideale frühgeschichtliche Untergrund gewesen zu sein scheint, erweist sich für mich als fast unlaufbar. Jeder einzelne Schritt muss mit Bedacht gesetzt werden. Nehme ich die Stöcke, bleiben sie dauernd in den "Fugen" stecken. Sobald mein rechter Fuß verkantet oder verrutscht, tut er höllisch weh. Vielleicht sollte ich endlich mal nachsehen, ob das wirklich Steine waren, die da vor einer Weile in den Schuh gesprungen waren. Ich raste auf einem Felsblock. Tatsächlich, diese Inov-8-Gamaschen sind - wie schon so oft - an der Ferse hochgerutscht und haben die Schuhkante freigegeben. Als ich mich vom Schuhwerk befreien will, führen die nötigen Verrenkungen sofort zu Beinkrämpfen. Nach ein paar Anläufen schaffe ich es dennoch und kippe drei ziemlich große Kiesel aus dem rechten Schuh. Hätte ich das doch eher gemacht! Die Socke ist schon durchgerieben. Das lässt auf den Zustand des Fußes darunter schließen. Schnell wieder einpacken!


Während ich eben auf dem Stein saß, hat mir jeder Vorüberkommende seine Hilfe angeboten. Nun ist es an mir, mein Verbandspäckchen zu offerieren. Der japanische 125-km-Aspirant, der mich seit geraumer Zeit begleitet, stürzt fluchend auf die Knie. Er hat sich offenbar nicht wirklich verletzt, aber das Ereignis bringt sein Faß zum Überlaufen. Es bricht ihm den Willen. Er fällt zurück.

Ich hangele mich irgendwie zur vorletzten Verpflegungsstation hinunter. Dass ich mich mal so über Asphalt freuen würde! Auf der kurzen Pendelstrecke im Ort begegnen mir etliche Mitstreiter und ich will sie freundlich grüßen. Doch niemand hebt den Kopf. Ich blicke nur in die leeren Gesichter von lauter Gezeichneten.


Raus aus der Krise


Es folgt der letzte Anstieg. Und er stellt sich als sanft ansteigende Jeep-Piste heraus. Anfangs laufe ich sogar noch hinauf. Da aber alle anderen gehen, schone ich ebenfalls meine Kräfte. Während dieses unangestrengten Dahinwanderns entfaltet die eben eingeworfene Handvoll Erdnüsse mit Käsewürfeln in mir offenbar ihre Wirkung. Mir wird plötzlich bewusst, dass ich mein Tief überwunden habe.

Laminiertes Höhenprofil für unterwegs

Das mörderische Flussbett


Bald geht es wieder abwärts. Mit mir zwar auch, aber jetzt treibt mich ein Ziel. Ich will nicht nochmal stehenbleiben müssen, um die Stirnlampe aus dem Rucksack zu nehmen. Heisst, ich muss bei Einbruch der Dunkelheit zumindest die beleuchteten Straßen von Maspalomas erreicht haben. Da wir 7 Uhr 10 gestartet sind, und es gegen 19:15 Uhr dunkel wird, bleiben mir gut 12 Stunden Laufzeit für dieses Vorhaben. Die Vorgabe bringt mich irgendwie durch diese fürchterlichen letzten Kilometer. War in einem Bericht einer vergangenen Austragung noch von einer einfach zu laufenden Schotterpiste in der Schlussphase die Rede, so wurde dieses Jahr die Strecke zwar leicht verkürzt, dafür auf den letzten 20 Kilometern viel "technischer". Das bedeutet dass wir in einem riesigen Canyon bis zum Meer laufen. Dabei kommen wir immer tiefer, und die Schlucht wird immer enger. Letztlich bewegen wir uns die ganze Zeit in einem kieselübersäten Flußbett. Ich weiß einfach nicht, wie ich hier zwischen all den Steinen die Füße setzen soll. Damit bin ich nicht allein, überhole ich doch hier so manchen anderen vorsichtig Balancierenden, darunter auch Marathonläufer. Doch es ist mittlerweile so flach, dass ich einfach laufen muss. Unzählige Male knalle ich mit dem rechten Fuß gegen Steine, was mich wohl den großen Zehnagel kosten wird. Warum ausschließlich mit dem rechten Fuß!? Fluchend stolpere ich voran. Ich will jetzt nur noch fertig werden. Mit jedem Schritt gratuliere ich mir zu der Entscheidung, nicht die ganz lange Distanz gewählt zu haben. Und wie viel schwieriger muss es sich hier erst im Schein einer Kopflampe laufen!?


Aus Trail wird Urban Trail


Endlich kündigt die Autobahnunterführung die nahe Stadt an. Ich werde es ohne Stirnlampe schaffen! Doch echte Erlösung ist noch nicht in Sicht. Wir laufen weiter im trockenen Flußbett, nur dass es mittlerweile gemauert ist. Das ist keine wirkliche Erleichterung, denn in den Zement sind völlig unregelmäßige Wackersteine eingelassen. Urban Trail!

Meine offiziellen Zwischenzeiten
Dann führen steile Stufen aus dem Fluß heraus. Aber nur, um kurz nach dem letzten VP wieder zurück in den Bach zu leiten. Schon eine ganze Weile höre ich hinter mir die Stimmen aufgekratzter, junger Frauen. Jetzt sind sie direkt hinter mir und rufen einem Geher zu: "Come on, just 3k." und jubeln noch ein weiteres "3k!" hinterher. Es sind 125-km-Läuferinnen, die hier schon seit Kilometern finishen. Sie wissen, dass sie ihren Erfolg sicher in der Tasche haben und sind entsprechend in Hochstimmung. Für mich ist es noch nicht so weit. Und ich kann es jetzt einfach nicht zulassen, dass ich von den Frauen überholt werde, die eine noch viel längere Strecke in den Beinen haben. Ich gebe nochmal Gas. Auf dem Trail war es außer Kraft gesetzt. Doch jetzt, wo ich endgültig normales Straßenpflaster unter den Füßen haben, gilt wieder das altbekannte "linker Fuß, rechter Fuß" des Ultraläufers. Das kann ich und verlange mir einen Endspurt ab. Da, der Zielbogen! Nein, ist er ja gar nicht. Ich muss nochmal Tempo rausnehmen, denn da hat jemand drei Fake-Bögen aufgebaut, lässt uns nochmal vom Ziel weg und erst dann Richtung Finale laufen. Einem Berglauf angemessen, steht der Zielbogen erhöht auf einem Podest. Nach 12:09:52 habe ich auch diesen letzten Anstieg erklommen.