Montag, 13. Februar 2017

Bergischer Wupperlauf


Wenn man sich zu einem von Oliver Witzke organisierten Lauf anmeldet, macht man nie einen Fehler. Sein "Bergischer Wupperlauf" ist so cool, dass es sogar schneit [1]. Bei solchen winterlichen Bedingungen zittert das Teilnehmerfeld üblicherweise dem Start entgegen. Hier jedoch reißen sich die Läufer paradoxerweise die Kleider vom Leib, was bei Erfrierenden ein Zeichen der sogenannten Kälteidiotie ist. Heute gibt es dafür aber einen weniger dramatischen Grund. Oliver hat als Start- und Zielgebäude das gut geheizte "Gartenhallenbad" in Wuppertal organisiert.

Bei der Veranstaltung handelt es sich nicht um einen Wettkampf, sondern um einen Freundschaftslauf. Das kommt mir sehr entgegen. Muss ich mich doch nach einer winterlichen Infekt- und Schwächephase erst wieder vorsichtig an die Langdistanz herantasten. Mehr als 30 Kilometer bin ich in diesem Jahr noch nicht am Stück gelaufen. KEU, DSD-Crosslauf und Hivernaltrail mussten ausfallen. Heute soll der erste Marathon in 2017 aber endlich gelaufen werden!

Der frisch verschneite Wald ist ein Traum! Und Olis Strecke ist es auch. Weitestgehend sind wir auf der Route des Wupperbergemarathons unterwegs. Somit wundert es nicht. Allerdings ist die Wegführung mit 1200 Höhenmetern heute nicht ganz so verschärft, wartet aber mit einem erfreulich hohen Single-Trail-Anteil auf. Bei rund 200 Läufern führen solche Engstellen gelegentlich zu Stau. Ebenfalls nicht ganz unschuldig daran sind Hindernisse, wie umgestürzte Bäume oder zu querende Bäche. Eigentlich hatte ich die wasserdichten Socken wegen des zu erwartenden Schneematsches angezogen, aber in den Furten bewähren sie sich noch mehr.

Streckenkundige Guides führen uns von VP zu VP. Es handelt sich denmach um "Betreutes Laufen mit Vollpension". Mein Menü stelle ich mir aus dem üppigen Angebot zusammen. Ich nehme "Banane an Studentenfutter auf einem Bett aus Salzstangen". Dazu lasse ich mir "Heißen Aufguss heimischer Kräuter" reichen.

Erst auf den letzten elf Kilometern sind wir auf uns gestellt. Ab jetzt ist die Strecke markiert, so dass jeder sein eigenes Tempo wählen darf. Letztens sah ich einen Film. Handlung und Titel sind längst vergessen, aber in Erinnerung blieb ein Zitat. "Wie buchstabiert man Liebe? Z-E-I-T. Neunzig Prozent der Zeit mit deinen Kindern verbringst du mit ihnen bis zu ihrem 12. Lebensjahr." Mit diesen Zeilen und dem Wissen im Hinterkopf, dass die Familie zu Hause mit dem Kaffeetrinken wartet, spute ich mich. Nach 5:01:54 erreiche ich das Gartenbad, wo sich Oli erstaunt zeigt, schon einen Finisher zu sehen.

Nun könnte ich den mageren Leib von den warmen Fluten des Hallenbades umspülen lassen oder in der Sauna versuchen, noch ein paar verbliebene Schweißtropfen hervorzubringen. All das ist in der Startgebühr inkludiert. Eingedenk der oben genannten "Family-Run-Balance" verzichte ich jedoch sogar auf die Dusche und sitze dafür pünktlich am heimischen Kaffeetisch.

[1]: frei nach Udo Lindenberg, Coole Socke
Fotos: Ralf Lindemann